Keine weiteren Flächen für den Regionalplan – Grünzüge und Landschaftsschutzgebiete schützen!
Unser Statement zum Regionalplandiskussion im Rat am 16.11.:
In der Diskussion um die Anmeldung neuer Gewerbeflächen für den neuen Regionalplan wird bisweilen der Eindruck erweckt, dass Bochum übermorgen vor die Hunde geht, wenn wir nicht den kompletten vom RVR errechneten Bedarf von 82 Hektar melden. Dem ist nicht so. Dieser falschen Ansicht liegen mehrere Irrtümer zugrunde
Irrtum 1: Uns gehen die Gewerbeflächen in Kürze aus
Tatsache ist: Der Marktbericht der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr (wmr) vom März 2017 sagt: Die Flächen in Bochum, die nicht von Restriktionen wie Altlasten oder Erschließungsproblemen belastet sind, reichen noch 15 Jahre. Davon ist etwa die Hälfte innerhalb von 3 Jahren und die andere Hälfte innerhalb von 3 bis 5 Jahren nutzbar zu machen. Damit nimmt Bochum den Spitzenplatz im Regionalverband Ruhr (RVR) ein. Die restriktionsbelasteten Flächen reichen sogar für 37 Jahre. Damit steht Bochum auf dem zweiten Platz gleich hinter Bottrop (40 Jahre) und mit weitem Abstand vor Oberhausen (20 Jahre). Im Marktbericht der wmr ist systematisch erfasst, wie viele Flächen in den Ruhrgebietsstädten zur Verfügung stehen, die planerisch bereits als Gewerbeflächen gesichert sind. Errechnet wird die Reichweite anhand der durchschnittlichen Vermarktungsrate der letzten 10 Jahre.
Fazit: Selbst wenn sich die Vermarktungsgeschwindigkeit in Bochum in letzter Zeit erhöht hat, so reichen doch die Flächen noch für sehr lange Zeit aus. Es werden ja perspektivisch auch weitere Flächen brachfallen, wie zum Beispiel bei Outokumpu oder am Heizkraftwerk auf Prinz-Regent. Und über die Laufzeit bis 2034 wird auch der Güterbahnhof Langendreer als Gewerbefläche verfügbar sein.
Irrtum 2: Nur wenn wir in die Freifläche gehen, können wir genug Gewerbeflächen ausweisen
Auch wenn es der mühsame und teure Weg ist: In dicht besiedelten Ruhrgebietsstädten wie Bochum muss alle Kraft darauf verwendet werden, alte Industrieflächen wieder nutzbar zu machen. Um die Kosten für die Sanierung zu tragen, braucht das Ruhrgebiet die Solidarität von Land und Bund. Jahrzehntelang wurde hier der wirtschaftliche Reichtum des Landes erarbeitet – auf Kosten unserer Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft. Die Regionalen Grünzüge wurden geschaffen, um im Ruhrgebiet Lebensqualität und Gesundheit zu sichern. Dieses Erbe dürfen wir nicht preisgeben. Auch Landschaftsschutzgebiete müssen geschont werden und weiterhin als Naturräume für Erholung und Landwirtschaft zur Verfügung stehen.
Der neue Ministerpräsident will ja jetzt eine Ruhrkonferenz einrichten. Für das ganze Ruhrgebiet ist es eine zentrale Frage, wie man attraktiv für Firmen bleibt ohne gleichzeitig alles preiszugeben, was die Region auch lebenswert macht.
Wenn die Ruhrkonferenz nicht nur Show sein soll, muss dieser Punkt weit oben auf die Agenda. Jedes Hektar Fläche, das wir im Freiraum ausweisen, senkt den Druck bei den Brachflächen anzupacken. Einstweilen verfolgen wir mit Interesse die Bemühungen des RVR nach neuen Wegen zu suchen, wie das Flächenrecycling intensiviert werden kann.
Irrtum 3: Mehr Gewerbeflächen bringen automatisch mehr Gewerbesteuern
Wir haben uns mal die Mühe gemacht und die Daten aus dem ruhrFIS-Flächenmonitoring mit den Gewerbesteuerdaten der Städte in NRW abgeglichen. Ein direkter Zusammenhang – je mehr Gewerbeflächen desto mehr Gewerbesteuer – ist nicht nachweisbar. Das ist auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich. Die Empirie zeigt aber: Es gibt viele Städte mit viel Gewerbefläche pro Einwohner bei gleichzeitig geringerem Gewerbesteueraufkommen. Und auch der umgekehrte Fall ist nicht selten. Es kommt eben immer im Detail drauf an, wer sich ansiedelt. Zu unterschiedlich sind die Unternehmen in Bezug auf die tatsächliche Besteuerung. Zum Beispiel hatte Bochum viele Ansiedlungen im Gesundheitsbereich. Das bringt zwar Arbeitsplätze, aber weniger Gewerbesteuern. Und ob die riesigen Hallen internationaler Logistikunternehmen dort Steueraufkommen generieren, wo sie die Fläche fressen, darf getrost bezweifelt werden.
Unsere grüne Position in der Diskussion
Wir nehmen die Aufgabe, verantwortungsbewusst mit unserer Stadt und ihrer Entwicklung umzugehen, sehr ernst. Wir müssen dabei verschiedene Ansprüche in Einklang bringen: Wirtschaft, Wohnen, Erholung, Ökologie, Kultur. All das trägt dazu bei, dass Bochum auch für spätere Generationen noch attraktiv und lebenswert bleibt.
Bochum muss natürlich Unternehmen gewinnen, die sich hier niederlassen und Arbeitsplätze schaffen. Und dafür haben mit einer ersten Tranche weitere Flächen ausgewiesen. In unserer Stadt gibt es besonders viele Brachflächen, die nur mit hohem Aufwand wieder nutzbar gemacht werden können. Hier stehen wir vor einer anspruchsvollen Aufgabe, bei der wir die Unterstützung von Land und Bund benötigen.
Allerdings stellte sich jetzt heraus, dass sich eine Reihe von Flächen, die in Rat und BV ebenfalls abgelehnt worden waren, nun doch in der aktuellen Arbeitsfassung des Regionalplans beim RVR befindet. Der Grund: Die Verwaltung hatte diese Flächen dem RVR als Potenzialflächen mitgeteilt, ohne einen Ratsbeschluss einzuholen, darunter die Wohnbaufläche an der Baumhofstraße im Stadtbezirk Süd oder die Gewerbefläche an der Josef-Baumann-Straße im Stadtbezirk Nord. Dieses Vorgehen kritisieren wir deutlich. Es passt auch überhaupt nicht zu der bisher ansonsten sehr transparent geführten Diskussion.
Wir Grüne sehen keinen Anlass, dass wir im formalen Beteiligungsverfahren mehr Flächen ausweisen werden als in der 1. Tranche. Denn es gab gute Gründe bestimmte Flächen, z.B, die Baumhofstraße, abzulehnen. Das wird sich in einem halben Jahr nicht ändern.
Deshalb bitten wir um Zustimmung für den Änderungsantrag der Koalition.