Regionalplan: Viele Freiflächen bleiben erhalten – Impulse für den Wohnungsbau gesetzt – Gewerbe muss auf Brachflächen Platz finden
Die Bochumer Debatte um den Entwurf des neuen Regionalplans ist mit dem Ratsbeschluss am 31. Januar nach drei Jahren an ihr Ende gekommen.
Blickt man aus grüner Sicht auf die ersten Vorschläge der Bochumer Verwaltung zur Flächenausweisung zurück, haben wir Grünen sehr viel erreicht:
- Viele bedeutsame Grünflächen insbesondere in Landschaftsschutzgebieten und Regionalen Grünzügen bleiben erhalten.
- Der hohen Nachfrage nach Wohnraum haben wir mit einer moderaten Ausweisung von zusätzlichen Wohnbauflächen Rechnung getragen.
- Um Gewerbe anzusiedeln, müssen vorrangig Brachflächen reaktiviert werden.
Dazu bedurfte es langer und intensiver Diskussionen, die wir als grüne Ratsfraktion intern, mit den Bezirksfraktionen und in der Partei, aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern, mit dem Koalitionspartner und mit der Verwaltung geführt haben. Nur ganz wenige andere Themen haben uns in dieser Wahlperiode so beschäftigt.
Bereits im Frühjahr 2016 hatte die Bochumer Verwaltung begonnen, Politik und Öffentlichkeit in den noch informellen Diskussionsprozess mit dem RVR einzubinden. Heute wird uns bewusst, wie richtig und wichtig das war. In vielen anderen Städten wurden die städtischen Gremien erst kurz vor Torschluss involviert. Entsprechend schwierig ist es für die grünen Freundinnen und Freunde in diesen Städten, die Vorschläge zu bewerten und ggf. politisch Druck auszuüben.
Der neue Regionalplan wird, wenn er voraussichtlich noch 2019 von der Verbandsversammlung des RVR beschlossen wird und in Kraft tritt, auf einer groben Maßstabsebene für 15 bis 20 Jahre festschreiben, welche Flächen in Bochum auf welche Weise genutzt werden können: Wohnen, Gewerbe, Verkehr, Grün usw. Aus diesem groben Plan werden später die differenzierteren Flächennutzungspläne entwickelt und schließlich die konkreten, lokalen Bebauungspläne abgeleitet. Es gilt: Nur wo im Regionalplan beispielsweise Gewerbe erlaubt ist, darf auch Gewerbe stattfinden – was aber nicht heißt, dass dort dann überall Gewerbe angesiedelt werden muss.
Das Ergebnis kann sich auch im Detail sehen lassen:
- Viele bedeutsame Grünflächen insbesondere in Landschaftsschutzgebieten und Regionalen Grünzügen bleiben erhalten. Zum Beispiel in den Gebieten: Werner Feld,
Baumhofstraße, Josef-Baumann-Straße, Karl-Arnold-Straße
Autobahnkreuz A43/A44 nähe Tierheim, Wattenscheid-West. Ohne ein energisches Eintreten gegen die sehr weitreichenden Vorstellungen der Verwaltung wären heute viele Hektar zusätzlich im Regionalplanentwurf als Wohn- oder Gewerbefläche dargestellt.
- Der hohen Nachfrage nach Wohnraum haben wir mit einer sehr maßvollen Ausweisung von 20,5 ha zusätzlichen Flächen Rechnung getragen. Es hat sich in den letzten Jahren klar gezeigt, dass dieser Bedarf durch Lückenschlüsse und Nachverdichtung alleine nicht gedeckt werden kann. Der aktuelle Wohnungsmarktbericht führt uns die zunehmende Knappheit von Wohnraum noch einmal deutlich vor Augen. Ob wir in den nächsten 20 Jahren tatsächlich alle Flächen aktivieren müssen, werden wir aber genau beobachten. Das dazugehörige Monitoring haben wir im Zuge des Wohnbauflächenprogramms beauftragt. Wer weiß, wie sich die Nachfrage in 5 Jahren darstellt. Das kann sich schnell ändern. Bis vor nicht allzu langer Zeit, galt es als ausgemacht, dass Bochum drastisch schrumpft. Je nachdem, ob man die RVR-Prognose von 2014 oder 2017 zugrunde legt, haben wir mit den 20,5 ha zusätzlicher Wohnbaufläche eine leichte Unter- bzw. Überdeckung des errechneten Bedarfs.
- Während wir die Prognose beim Wohnen für plausibel halten, halten wir die Prognose bei den Gewerbeflächen nicht für realistisch. Um Gewerbe anzusiedeln, müssen wir vorrangig Brachflächen reaktivieren. Zwar frisst insbesondere der aktuelle Logistikboom eine Menge Fläche, aber in den nächsten 20 Jahren werden die industriellen Flächenbedarfe im Zuge der Digitalisierung und Dienstleistungsorientierung zunehmend weniger werden. Obendrein hat Bochum mit einer Reihe von bereits aufgegebenen Industrieflächen eine Menge Reserve. Das Gewerbeflächenmonitoring der Business Metropole Ruhr von 2018 verzeichnet Bochum und Oberhausen als einzige Städte, in denen die verfügbaren Flächenpotenziale von 2012-2017 gewachsen sind, in Bochum auf 153 ha. Warum soll man Grünflächen zerstören, wenn auf der anderen Seite riesige Industriegebiete brach fallen? Neben der ehemaligen Fläche von Opel-Werk I ist das beste Beispiel für diesen Zusammenhang die ehemalige Outokumpu-Fläche. Warum soll es nicht möglich sein, diese Fläche nach dem Vorbild von Mark 51/7 zu aktivieren? Und auch wenn die Signale der Deutschen Bahn bisher nicht ermutigend sind, so sollte man die 28 ha Gewerbefläche am Güterbahnhof Langendreer nicht vorschnell abschreiben. Der Regionalplan ist auf 15 bis 20 Jahre angelegt. Gut möglich, dass Bedarfe, die irgendwann nach 2030 entstehen, dann doch in Langendreer befriedigt werden können. Deswegen haben wir nur an zwei kleineren Stellen dem Eingriff in den Freiraum mit insgesamt 11,2ha zugestimmt: Die Flächen Hansastraße (WAT) und Nordpol (Südwest) sind in den Grünzügen eher randständig und werden vom RVR selbst als nicht regional bedeutsam eingeschätzt. Gleichwohl hat besonders Nordpol eine große lokale Bedeutung. Ob diese Fläche für das lokale Gewerbe im Südwesten tatsächlich so bedeutend ist, müssen wir bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans noch einmal genau betrachten.
Gewerbeansiedlung auf Brachflächen ist wegen vieler Altlasten und Restriktionen der langsamere und teurere Weg. Wir stehen aber in der Pflicht, in gleicher Weise an nachfolgende Generationen denken, wie das unsere Vorfahren in den 1920er Jahren bei der Einrichtung der regionalen Grünzüge getan haben.
In der WAZ von 15. Januar forderte übrigens die Umweltministerin Heinen-Esser (CDU) genau das, nämlich „mehr Grün fürs Ruhrgebiet“. Neue Gewerbegebiete müssten vorrangig auf bestehenden Brachflächen entstehen, sagte Heinen-Esser. Sie hob zudem die Bedeutung einer funktionierenden grünen Infrastruktur als zentralen Standortfaktor im Wettbewerb der Regionen hervor. „Neue Fachkräfte kann man heutzutage nicht in eine zubetonierte Landschaft locken“, sagte Heinen-Esser. Angesichts der durch den Klimawandel ausgelösten dramatischen Veränderungen mit Hitzewellen im Sommer und Starkregenereignissen sei es zudem entscheidend, in dicht besiedelten Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet deutlicher als bisher zusammenhängende Frischluftschneisen auszuweisen.
Gut, dass der neue Regionalplanentwurf, für den der grüne Planungsdezernent Martin Tönnes verantwortlich zeichnet, dieser Forderung konsequent folgt. Die Regionalen Grünzüge wachsen allein in Bochum um rund 660ha!